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Vom Duft der Steppe bis zum Schamanenritual

Unsere Seminarreise führte vom 14. bis 25. Juli 2024 durch die vielfältige Landschaft der Mongolei, wobei wir sowohl auf geteerten Straßen als auch auf herausfordernden Off-Road-Strecken unterwegs waren. In einem ausführlichen Reisebericht schildert Ellen Langstein, eine unserer Teilnehmerinnen, ihre Eindrücke und Erlebnisse dieser Reise.

Die Weite der Steppe ist die Weite des Herzens. Wer in die Mongolei reist, entdeckt nicht nur ein Land, sondern auch sich selbst.

Der Beginn einer eindrucksvollen Reise

Wir treffen uns mit der gesamten Gruppe im Hotel in Ulan Bator und lernen uns erst mal kennen. Direkt fällt uns auf, dass die meisten von uns nicht die typischen Gruppenreisen Menschen sind. Trotzdem hat uns die gemeinsame Liebe zu den Pflanzen, zum Reisen und letztlich auch zur Storl Akademie zusammen geführt. 

Zunächst besichtigen wir das Gandan Kloster, eines der bedeutendsten Klöster in Ulan Bator. Es wurde 1727 gegründet und ist das einzige Kloster in der Mongolei, in dem religiöse Zeremonien unter Kontrolle der Geheimpolizei während der Zeit des stalinistischen Terrors stattfinden durften. 

Für die meisten von uns war das Gandan Kloster eines der ersten buddhistischen Klöster, die wir besuchten. Die Stille, die friedvolle Atmosphäre, die Ruhe und die bunten Farben haben uns am meisten beeindruckt und gerne verbrachten wir hier unsere Zeit. Wir hatten hier zudem die Ehre, bei den Gebeten der Mönche anwesend sein zu dürfen. Das ist bei weitem nicht selbstverständlich. 

Glücklich und beseelt geht es weiter, da uns noch ein Besuch im Theater erwartet.

Ulaanbaatar, die pulsierende Hauptstadt der Mongolei

Abseits der Straßen

Montag, 15.07.2024
Heute starten wir unsere Reise in die Steppenlandschaften der Mongolei. Mit drei kleinen Bussen fahren wir also los. Das Straßennetz in der Mongolei besteht hauptsächlich nach wie vor aus unzähligen Schotter- und Erdpisten. Und so verlassen wie recht zügig die geteerte Straße und machen uns auf dem Weg in ein Abenteuer. Für viele von uns sind es die ersten offroad Erfahrungen, und so gibt es bei der ersten Fahrt einige erschreckte Gesichter. Auf unserer Fahrt über das Land können wir sehr deutlich erkennen, wie groß die Mongolei ist und wie wenige Einwohner sie im Verhältnis hat.

Auf unserem Weg kommen wir auch an mehreren Obos vorbei. Ein Obo ist ein kultischer Steinhaufen aus dem mongolischen Schamanismus. Reisegottheiten werden hier verehrt und wenn man den Steinhaufen dreimal im Uhrzeigersinn umrundet und dabei an die Naturwesen ein wenig Reis gibt, bringt das Glück für die Reise. Bolo, unsere Reisebegleitung, die sehr vertraut und verbunden mit dieser Kultur ist, weist uns hier den Weg. Wir geben unser Bestes, doch irgendwo scheint sich ein unangemessener Gedanke beim Umrunden des Obo eingeschlichen zu haben. 

Gerade in unserem ersten Gercamp (Jurtencamp) irgendwo im Nirgendwo angekommen verwandelt sich der strahlend blaue Himmel innerhalb von Minuten in einen grauen wolkenbehangen Himmel. Der Wind dreht, nimmt zu, und in Sekunden schüttet es wie aus Eimern! Genauso schnell, wie der Regen gekommen ist, ist er auch wieder verschwunden. Ebenfalls wieder innerhalb von Sekunden wird der Himmel wieder strahlend blau. Dieses Wetter Phänomen der Mongolei sollen wir auf unserer Reise noch öfter kennen lernen. Wir üben uns schon darin, den Wind zu lesen …

Nomadenleben, Klosterfrieden und Naturwunder

Dienstag, 16.07.2024
Heute geht es früh los, um echte Nomaden kennenzulernen. Mit unseren Bussen fahren wir durch die Steppe und werden herzlich von einer Nomadenfamilie empfangen. Wir erleben das Melken der Stuten und kosten Airag, das Nationalgetränk. Später besuchen wir das Kloster Amarbayasgalant und erfahren von einem jungen Mönch mehr über seine Geschichte und Architektur. Nach dem Klosterbesuch genießen wir eine Kräuterwanderung und finden sogar wohlschmeckende Walderdbeeren. Ein absolut gelungener Tag, mitten in der Natur und im typischen Leben der Nomaden geht zu Ende.

Kräuterkunde mit Dr. Marianne Ruoff

Mittwoch, 17.07.2024
Heute Morgen brechen wir auf zum Naturschutzgebiet “Zed Hantayn Buteelijn Nuruu“. Das Naturschutzgebiet hat eine Fläche von 611.300 Hektar und der höchste Gipfel ist 2171 m hoch über dem Meeresspiegel. Auch hier hin dürfen wir wieder die Fahrt über die Pisten der mongolischen Steppe genießen. Wir kommen vorbei an den typischen Kashmir Ziegen, mongolischen Pferdeherden, Kuhherden, vereinzelt sogar Schweinen.

Donnerstag, 18.07.2024
Der heutige Tag ist ganz dem Nationalpark gewidmet. Zunächst bekommen wir eine Unterrichtseinheit von Marianne, die uns noch mal versucht, die mongolische Kräuter näher zu bringen! Es ist wundervoll, dass sie ihr Wissen rund um die chinesische und tibetische Medizin immer mit einfließen lässt und wir so unseren Erfahrungsschatz wirklich gut erweitern können!
Nun kommt der Naturparkführer. Ein Ranger, der das ganze Jahr ganz alleine am Rande des Naturschutzgebietes lebt und dafür verantwortlich ist, dieses Gebiet zu schützen. Wir werden ermahnt, ordentliche Schuhe und lange Hosen zu tragen, da es hier giftige Schlangen gibt. Diese Warnung lässt uns besonders aufmerksam werden!
Den Nachmittag haben wir zur freien Verfügung, einige holen ihr Schlafbedürfnis nach, andere lesen und wieder andere zieht es direkt zum Fluss oder auf eine Wanderung auf eigene Faust.

Freitag 19.07.2024
Nach einem ausgiebigen Frühstück haben wir heute die Gelegenheit zum Fluß Eg zu fahren zum Baden. Unser Ranger hat uns wirklich eine super Stelle ausgesucht. Hier gibt es Bäume, die Schatten spenden und ein kühles Nass, dass uns zum Baden einlädt. Ein großer Spaß und eine gelungene Abwechslung für uns alle. Unser wunderbares Küchenteam hat uns sogar ein richtiges Mittagessen mitgegeben und so können wir am Fluss picknicken. Als es im Hintergrund zu Grummeln beginnt und es ausschaut, als würde sich ein Gewitter anbahnen, packen wir schweren Herzens unsere Taschen und machen uns zurück auf dem Weg zum Camp. Doch wie gesagt, beim letzten Obo haben wir alles richtig gemacht! Das Wetter hält und das Glück ist auf unserer Seite! Heute gibt es am Nachmittag noch mal eine Kräuter Lektion von Marianne. Zudem weiht sie uns in die Geheimnisse der Räucherzeremonie ein. Unser Ranger ist extra für uns auf eine Zeder gestiegen, um uns Zedernzapfen zu bringen, die wir im Feuer rösten und uns die köstlichen Nüsschen schmecken lassen.
Uns gehts einfach so richtig gut!

Aufbruch zum Vulkan Uran Togoo und Ankunft in Erdenet

Samstag, 20.07.2024
Leider müssen wir unser wunderbares Camp in der Natur heute schon wieder verlassen. Ein bisschen wehmütig machen wir uns auf den Weg.
Wir besuchen heute den vor 20 Millionen Jahren erloschenen Vulkan Uran Togoo in der Provinz Bulgan im Changai Gebirge. Er gilt als einer der schönsten Teile der Nordmongolei. Der Vulkankrater ist 600 m breit und 50 m tief. Viele Heilpflanzen wie wilde Zwiebel, Distel, oder Rosenwurz wachsen hier. Neben den vielen Heilpflanzen kann man hier auch verschiedene Vögel, wie das Moorhuhn, den Sperling, die Eule, den Falken, den Kuckuck oder den Wiederhopf treffen. Auch Hirsche, Wildschweine, Wildziegen, Murmeltiere und Steppenhasen leben in diesem Gebiet. Uran bedeutet übrigens „künstlerisch“ , dieser Name wurde dem Vulkan von der mongolischen Bevölkerung gegeben, weil er wie ein Kreis in der Natur liegt, der wie ein schönes, künstlerisches Handwerk wirkt.
Und tatsächlich beeindruckt uns die Umgebung rund um den Vulkan enorm!
Für die Übernachtung sind wir heute in der Großstadt Erdenet in einem Hotel untergebracht. Erdenet, die zweitgrößte Stadt der Mongolei, ist eine Bergarbeiterstadt. Auf mongolisch heißt sie “wertvoller Schatz”. Heute steht hier das viertgrößte Kupferbergwerk der Welt. Zudem ist Erdenet für seine Teppichherstellung berühmt.

Auf dem Weg zum Hustai Nationalpark

Sonntag, 21.07.2024
Nach unserer luxuriöse Nacht im Hotel machen wir uns am Morgen auf zum Hustai Nationalpark. Auf dem Weg begegnen uns diesmal Kamele! Selbstverständlich lässt Bolo anhalten, so dass wir genügend Zeit haben, um zu fotografieren.

Auch haben wir das Glück noch ein paar Zelte und Reiter vom Naadam Fest zu sehen. Das Nationalfest der Mongolen findet jedes Jahr im Juli statt und wir haben es nur um einen Tag verpasst. Bei dem Fest tragen die meisten Teilnehmer traditionelle Kleidung. Es finden Wettkämpfe statt im Pferderennen, Ringen und Bogenschießen. Das Naadam Fest wird im ganzen Land gefeiert und so sehen wir auf unsrer Fahrt durch die Steppe eben auch Reste davon.

Diesmal ist eine ordentliche Fahrtstrecke zu bewältigen. Aber wir haben uns ja auch ein großes Land als Reiseziel ausgesucht, Und in unseren Kleinbussen sind wir mittlerweile recht gut organisiert, Singen, spielen, schlafen, erzählen, … all das und der Blick aus dem Fester in die beeindruckende Landschaft der Mongolei versüßen uns die Fahrt.

Und natürlich hat Bolo großartige Zwischenstopps eingeplant.

Heute der wirklich zauberhafte Tempel “Aglagiin Hiid”. Dieser Ort ist so beeindruckend, dass sich allein dafür eine Reise in der Mongolei lohnt. Spannend, dass er touristisch offensichtlich überhaupt nicht erschlossen ist. Im Internet findet man so gut wie nichts zu diesem Ort. Er ist touristisch überhaupt nicht überlaufen und wenn, trifft man hier eher Einheimische.

Der Tempel liegt auf einem Bergrücken und ein beeindruckender Weg durch Steinskulpturen mit buddhistischen Weisheiten führt nach oben. Hier spürt man einen tiefen Frieden und eine tiefe Geborgenheit. Mit Worten lässt sich in keinster Weise beschreiben, was man an diesem Ort fühlt und empfindet. An manchen Stellen zu Tränen gerührt, an anderen Stellen in ein Gefühl der tiefen Liebe und Verbundenheit eintauchen, wieder anderen Stellen, ein Gefühl der Leichtigkeit, oder Geborgenheit. Alles in allem, aber ein Gefühl der tiefen Ruhe und des Friedens.

Ein absolut magischer Ort.

Als wir ganz oben am Kloster angekommen sind, hören wir wieder ein Donnergrollen in der Ferne. Nur die wenigsten von uns schaffen es trockenen Fußes wieder nach unten zum Auto zu kommen. Durchnässt reißen wir uns in unseren Bussen die Kleider vom Leib und kräftigen unsere Gesundheit erst mal mit einem guten Schluck Wodka.

Der Ausflug zu diesem Tempel war etwas absolut besonderes!

Recht spät kommen wir am Abend in unserem Gercamp im Hustai Nationalpark an. Die Jurten sind mit bunt bemalten Holzbalken verziert und auch die Betten und die Truhe sind bunt bemalt. Wirklich sehr sehr schön. Wir bekommen noch ein gutes Abendessen und machen uns dann auf dem Weg ins Bett.

Ein weiteres Highlight der Reise: Die Schamanenzeremonie

Abenteuer und Abschied

Montag, 22.07.2024
Nach dem Frühstück bekommen wir heute von Marianne noch mal ein wenig Unterricht in der Heilkräuterkunde.
Im Anschluss treffen wir eine Botanikerin, die uns den Park vorstellt.
Hier im Hustai Nationalpark leben die Przewalski Wildpferde.
Zudem Gazellen, Rehe, Steinböcke, Wildschweine, Wölfe, Luchse, Murmeltiere und Steppenfüchse. Wieder erwartet uns eine beeindruckende Vielfalt an Pflanzen.
Zusammen mit unserer Botanikerin machen wir uns zunächst zu Fuß auf in die Welt der Heilpflanzenkunde. Sie stellt uns einige weitere Pflanzen vor, die ganz typisch für die Mongolei sind. Ganz wundervoll lässt sie immer wieder Geschichten aus ihrer eigenen Kindheit einfließen, in der sie die Pflanzen verabreicht bekommen hat.

Dienstag, 23.07.2024
Für einige ist heute der beste Tag der Reise. Reiten mit den mongolischen Pferden ist angesagt! Seit Tagen sprechen die Reiter unter uns nur noch davon, endlich über die mongolische Steppe galoppieren zu können. Doch bevor es soweit ist, stehen wir erst mal sehr, sehr früh auf, um eine Chance auf die Sichtung der Wildpferde zu erhaschen.
Bereits um 4.30 Uhr gehts los in die Tiefen des Nationalparks. Und yes, bei Sonnenaufgang sehen wir eine Herde der berühmten Przewalski Wildpferde. Wundervolle Tiere! Das Aufstehen hat sich in jedem Fall gelohnt.
Beeindruckt und überwältigt. Von dieser Erfahrung geht es erst mal zurück ins Camp für ein gutes Frühstück.
Nach dem Mittagessen machen wir uns auf zum Besuch des Kurortes Khai Khem Domch, ein Schamanenort.
Der Schamanismus ist die ursprüngliche Spiritualität der Mongolei, die später vom Buddhismus abgelöst wurde. Elemente des Schamanismus leben bis heute im Buddhismus fort. So treffen wir Menschen, die den buddhistischen Glauben folgen und andere, die dem schamanischen Glauben folgen. Bei wieder anderen funktioniert beides parallel. So oder so ist diese Eingebundenheit in die Natur, etwas sehr faszinierendes für uns. Wir sind sehr gespannt auf die schamanische Zeremonie, die uns im Schamanen Dorf erwartet.
Der heutige Tag war voll. Voll mit Erlebnissen und mit Emotionen. Jetzt sind wir so richtig angekommen. Und doch ist es fast vorbei.

Mittwoch, 24.07.2024
Heute ist unser letzter gemeinsamer Tag. Nach dem Frühstück treffen wir uns an der Feuerstelle für unseren Abschlusskreis. Wir sind traurig, auseinanderzugehen und diesen wunderbaren Ort zu verlassen, aber auch dankbar für die Erlebnisse und Begegnungen. Die Reise hat uns entschleunigt und eine tiefe Verbindung zur Natur geschaffen. Am Vormittag lösen wir unseren Kreis mit einer Räucherzeremonie auf und fahren zurück nach Ulan Bator. Dort überfordert uns das Chaos der Großstadt nach der Ruhe der Steppe. Zum Abschluss besuchen wir das Krankenhaus “Mong Em” und lernen dort die traditionelle Kräuterheilkunde kennen. Heute genießen wir unser letztes gemeinsames Abendessen. Einige fliegen morgen früh bereits nach Hause.

Diese Reise hat uns alle berührt.
Sie hat uns erinnert, wer wir sein wollen.
Sie hat unsere Seele zum Klingen gebracht.
Sie hat uns die tiefe Verbindung zu Mutter Erde spüren lassen.

Resümee zur Seminarreise

All das, was ich versuche, hier aufzugreifen, kann das Erlebte nicht wirklich widerspiegeln. Man muss es fühlen, man muss es leben, man muss es zulassen. Und wenn du es zulässt, ist die Mongolei in der Lage, dein Herz zu öffnen und deine Seele zum leuchten zu bringen!

Wie bei allen Angeboten der Storl Akademie ist das was zwischen den Zeilen passiert das Wesentliche. Das Wesentliche sieht man nur mit dem Herzen. Und wer sein Herz geöffnet hat, war in der Lage viel mehr als das Gebotene aus dieser Reise rauszuholen. Die Reise zu den Mongolen war letztlich eine Reise zu uns selbst.

Unser Dank gilt vor allem Wolf, der mit seiner Energie all diese Begegnungen möglich macht. Unser Dank gilt Ingo, der die Storl Akademie mehr als gelungen vertreten hat. Der mit seiner authentischen, ruhigen, besonnen und herzlichen Art für ein harmonisches Miteinander gesorgt hat und immer ein offenes Ihr für alle Belange hatte.

Unser Dank gilt Marianne, die man immer gebückt auf der Wiese fand, auf der Suche nach einer neuen Pflanze, die sie uns erklären konnte. Ihre unermüdliche Art hat uns tiefe Einblicke nicht nur in die Welt der mongolischen Heilpflanzen ermöglicht, sondern auch in die Kunst des Räuchern und die chinesisch/tibetischen Medizin.

Unser Dank gilt Bolo, die immer fröhlich war, immer ein Lächeln auf den Lippen hatte, die immer für uns da war, die ein tolles Programm auf die Beine gestellt hat und die die besten Fahrer und das beste Küchenteam der ganzen Mongolei für uns gefunden hat.

Danke, Danke, Danke

-> Mehr über die Autorin findet ihr hier: ellen-langstein.de

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