Skip to content

Die Rechte der Käfer

Im europäischen Mittelalter wurde widerspenstigen Insekten mit Gebeten und der Macht der eiligen begegnet. Wenn sie dennoch zum Problem wurden, konnte man sie vor Gericht stellen.

Ameisen sind überall auf der Welt Symbol des Fleißes, Bienen der selbstlosen Hingabe.

Verfahren gegen Insekten

Es gab bei den Burgundern juristische Vorschriften, wie man ein Verfahren gegen Grashüpfer einzuleiten hatte. Das Gericht musste schriftlich einberufen werden, ein Richter bestimmt und Anwälte zur Anklage und zur Verteidigung ernannt werden. Der Ankläger würde den Prozess gegen die Heuschrecken vortragen, den Schuldspruch verkünden und Verbrennung auf dem Scheiterhaufen verlangen. Die Verteidigung konnte demgegenüber erwidern, dass ein Schuldspruch gesetzeswidrig sei, weil man das Insekt vorher nicht juristisch aufgefordert hatte, innerhalb einer gewissen Frist das Land zu verlassen. 

Falls die Heuschrecke sich nach Ablauf der Frist noch innerhalb der Landesgrenzen befinde, solle das Tier exkommuniziert werden. Einige Juristen haben angeblich auch für den Fall einer Ausweisung den Einwand einer Verletzung der Rechte der Vögel erhoben, weil ihnen dadurch die Grashüpfer als wichtige Nahrungsquelle entzogen werden würden. Auf diese Art und Weise wurden 1479 in Bern die Raupen vom Erzbischof exkommuniziert und verbannt, und 1493 wurden die Maikäfer wegen ihrer Gefräßigkeit aus Lausanne verbannt.

Heuschrecke

Heuschrecke

Diese Beispiele können uns recht naiv vorkommen, aber wenn man die mittelalterliche Naturlehre kennt, dann weiß man, dass der übersinnliche Gruppengeist der Tierart vor Gericht gestellt wurde und nicht die einzelnen kleinen Insekten. Die damaligen Überlegungen zur Wirklichkeit dieser Gruppenseelen lassen da eine wirksamere und tiefere Einsicht vermuten, als es bei unserem heutigen Vergiften der Umwelt der Fall ist.

Skarabäus

Skarabäus – der Pillendreher

Heilige Insekten

Zum Teil galten die Insekten auch als heilig. Den Ägyptern zum Beispiel galt der Skarabäus, der Pillendreher, der eine Dungkugel vor sich herschiebt, als Symbol des Sonnengottes. Die Hornisse gehörte dem Kriegsgott, ebenso die aufdringliche Fliege, deren Bild auf einem Zauberamulett dem Krieger den rechten Draufgängergeist verlieh. 

Literaturtipp

Wer seinen Garten versteht, die höhere Ordnung darin begreift, der wird sowohl Erfüllung darin finden als auch mehr ernten können. Wie das geht, zeigt ich euch in der Neuauflage meines Klassikers über den Mikrokosmos Garten.

Der-Kosmos-im-Garten_Neuauflage

Zur Jahreszeit der sieben blühenden Gräser fangen die Japaner Grillen und andere Insekten und sperren sie in kleine Käfige. Zum Höhepunkt dieses Herbstfestes, wenn alle Laternen leuchten, werden die kleinen Gefangenen befreit und man lauscht entzückt ihrem zirpenden Gesang. In Indien füttern Frauen jeden Feiertag die Hausameisen mit Reismehl, es könnten ja die Seelen verstorbener Ahnen sein.

Bleib auf dem Laufenden!

Wolf-Dieters Newsletter abonnieren

Geschichten, Neuigkeiten und Tipps von Wolf-Dieter Storl und der Storl Akademie

Mehr Artikel entdecken

Die Sonnenwenden

In diesem Gespräch mit Wolf-Dieter Storl widmen wir uns den beiden Kardinalpunkten des Jahreskreises: der Winter- und Sommersonnenwende. Wir sprechen
Weiterlesen →
Weihnachten Wolf-Dieter Storl

Grünes Licht der Hoffnung: Die Bedeutung des Adventskranzes

Wir alle kennen den aus grünem Tannenreisig gebundenen, mit roten Bändern umwundenen Adventskranz mit seinen vier Kerzen. Dabei wird mit
Weiterlesen →
Sonnenuntergang im Schnne

Weihenächte

Die heiligen Weihnachtstage sind segensreich. Sie sind nicht eine willkürliche „kulturelle Konstruktion“, sondern ein jährliches kosmisches Ereignis, welches die ganze
Weiterlesen →

Die Sonnenwenden

In diesem Gespräch mit Wolf-Dieter Storl widmen wir uns den beiden Kardinalpunkten des Jahreskreises: der Winter- und Sommersonnenwende. Wir sprechen
Weiterlesen →
Weihnachten Wolf-Dieter Storl

Grünes Licht der Hoffnung: Die Bedeutung des Adventskranzes

Wir alle kennen den aus grünem Tannenreisig gebundenen, mit roten Bändern umwundenen Adventskranz mit seinen vier Kerzen. Dabei wird mit
Weiterlesen →
Was sagst du dazu?

Diskussion

Kommentar

  1. “Das Heimchen zirpt, das Heimchen zirpt! “ruft der kleine Schiffsjunge im Gedicht von Conrad Ferdinand Meyer… Glücklich, wer wie ich die Heimchen zirpen gehört hat, in der Provence oder anderswo, vor gut fünfzig Jahren… Ein gewaltiger Chor, auf und abschwellend, die ganze Nacht, ein Konzert in Opernhaus-Lautstärke… Und vergesst nicht, Johannes der Täufer, der grosser Rufer in der Wüste, der sich von Heuschrecken ernährte und vom Honig wilder Bienen… Quasi Grillen zum Grillen… Bienen zum Dienen…
    Mir ist da auch noch eine Geschichte meiner Mutter eingefallen… Als Kinder waren sie von ihrem Lehrer aufgefordert worden, während des Krieges, fleißig Maikäfer zu sammeln und zum Vernichten in die Schule zu bringen. Ich glaub, der Lehrer versprach sogar, ein paar Batzen pro Kessel zu zahlen… Kurzum, meine Mutter sammelte und sammelte was sie vermochte in der Hoschget, dem Obstgarten. Sie füllte fast einen Kessel mit den Krabbeltierchen, doch was mit ihnen machen über Nacht, denn nächsten Morgen wollte sie sie in die Schule bringen… Also trug sie den Kessel in die Waschküche und beschwerte ihn mit einem Brett. Als sie am nächsten Morgen den Kessel holen wollte, uh weihah, die Käfer waren überall und am wegfliegen, auf und davon… Ja, mit vereinten Käften war es den Maikäfern gelungen, das schwere Brett zu heben und so in die Freiheit zu entschlüpfen… Und dann, Jahre später, was hat man gemacht? Die Schweiz sozusagen flächendeckend mit DDT besprüht und vernebelt, denn die Maikäfer seien so eine Plage… Ja, zukünftige Generationen werden von uns reden als einer Zeit finsterster Barbarei, während man die Zeit der himmels-hoch-strebenden Kathedralen als Licht- und Gnade-bringende Epoche loben wird…


Kommentar hinzufügen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mein neues Buch

ab 5. November im Handel erhältlich